Wie ist es, in der Krise ein Start-Up zu gründen?
Aktualisiert: 26. Jan.
Januar 2021 – Peak der Corona-Krise und der scheinbar ungünstigste Zeitpunkt für die Gründung eines Start-Ups. Welche Höhen und Tiefen man dabei als Co-Gründer und CEO durchlebt und wie es trotz aller Widrigkeiten funktionieren kann, erklärt heute Manuel Kosok in Form eines kleinen Interviews.

Hallo Manuel, bevor wir mit dem Interview zum eigentlichen Thema beginnen: Kannst Du kurz Deinen Background zusammenfassen?
Klar, also bevor wir Possehl Analytics gegründet haben war ich Vice President für Technologie bei manroland GOSS web systems. Hier war ich unter anderem verantwortlich für Entwicklungen, Konstruktionen, Schaltschränke, Softwareentwicklung, SPS, Dokumentationen und so weiter. Mein Team bestand dabei aus ca. 150 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Augsburg, ca. 50 in den USA und ca. 15 in Großbritannien. Parallel dazu war ich fast sieben Jahre als Geschäftsführer von grapho metronic in München tätig. Das ist eine Firma, die Messtechnik herstellt, also Kameras für industrielle Anwendungen.
Wie kam bei diesem wahrscheinlich randvollen Terminkalender überhaupt die Idee der Start-Up Gründung auf?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir für die Entwicklung einer Predictive Maintenance Plattform für manroland nach Suppliern gesucht haben. Von Anfang an haben wir gesagt: „Das machen wir nicht selber. Das ist überhaupt nicht unsere Kompetenz, so etwas zu bauen.“ Unsere Strategie war ganz klar, alles einzukaufen.
Dafür hatten wir dann Kontakt zu 25 bis 30 Suppliern hergestellt – vom Global Player bis zum Berliner Start-Up. Da waren ein paar irre Ideen und viele interessante Typen dabei. Mit einigen hätten wir uns prinzipiell eine Zusammenarbeit vorstellen können, aber teilweise scheiterte das dann bereits am katastrophale Geschäftsmodell. Zwischen den unspezifischen Lösungen der Marktriesen und den unkalkulierbaren Angeboten der Newcomer haben wir gemerkt: F***, wir müssen das selber machen.
Ich habe damals zu Alexander Wassermann, dem CEO, gesagt: „Eigentlich müssten wir sofort ausgründen, denn das, was wir machen, gibt es noch nicht auf dem Markt.“
Und so ist die Idee entstanden.
Wie kann man sich die Reise von der Idee zum heutigen Unternehmen vorstellen?
Als wir realisiert haben, dass es so etwas noch nicht am Markt gibt, wollten wir es selbst bauen. Dafür haben wir Leute eingestellt, die viel Expertise mitbringen, und uns entsprechende Open Source Software zugelegt. Es war aber natürlich auch nicht so, dass der erste Entwurf gleich ein Volltreffer war. Erst die dritte Iteration der Plattform Maintellisense.com brachte den Erfolg.
Durch unsere Vernetzung innerhalb der Possehl-Gruppe blieb es aber nicht dabei, eine Plattform speziell für manroland zu entwickeln. Wir haben schnell Anfragen von anderen Unternehmen der Gruppe bekommen, die auch so etwas haben möchten, was wir uns da für manroland überlegt haben. Also habe ich dann mit einem unserer Entwickler zusammen herumgebastelt und schnell gemerkt, dass das Prinzip der Plattform auch für andere Maschinentypen mit ganz anderen Formaten funktioniert. Und da liegt natürlich der Gedanke nahe: Wenn es für diese zwei unterschiedlichen Unternehmen funktioniert, dann müsste es doch eigentlich überall funktionieren.
Auch Possehl hat die Idee unterstützt, dass andere Unternehmen der Gruppe von unserem Projekt profitieren. Digitalisierungsthemen sind einfach so groß, dass es ein Anlagenbauer oder ein Mittelständler gar nicht alleine stemmen kann. Wieso sollte jedes Unternehmen riesige Geldbeträge investieren und mit denselben Fehlern und Problemen konfrontiert werden, die wir mit manroland bereits gelöst haben?
Wir sagen immer „Mittelständler, bildet Banden!“, denn das geht nur zusammen.

Hat sich das Geschäftsmodell von Possehl Analytics seit der Anfangszeit verändert?
Unser Selbstverständnis hat sich auf jeden Fall ganz schön gewandelt. Am Anfang dachten wir ‘Cool, diese Plattform funktioniert und hat so viele Funktionen. Wir müssen bloß hinfahren, es installieren und dann läuft das‘. Und so sind wir gestartet. Das war ganz schön naiv im Nachhinein, weil wir vernachlässigt haben, dass das eigentliche Problem bei solchen Themen nicht die Technologie ist, sondern die Unternehmenskultur und das Geschäftsmodell. Statt also nur unsere Software zu vertreiben, agieren wir mittlerweile eher als Unternehmensberatung und helfen Anlagenbauern dabei, ein digitales Geschäftsmodell zu explorieren, zu erforschen, es umzusetzen und im Anschluss auch erfolgreich zu betreiben.
Vielen Anlagenbauern fällt es extrem schwer, von klassischen auf digitale Geschäftsmodelle umzudenken. Nun geht es nicht mehr darum, eine Anlage zu verkaufen, sondern datenbasierte Services anzubieten. Für sie ist es ein sehr komisches Konzept, dem Kunden die eigenen Daten verkaufen zu wollen. Und an dieser Stelle erklären wir, dass es nicht um die bloße Visualisierung von Maschinendaten geht, sondern um den mithilfe von Datenanalysen generierten Nutzen, z.B. Performanceoptimierung, Kosteneinsparung und Vermeidung ungeplanter Maschinenstillstände.
2021 gilt als Krisenjahr schlechthin. Gute Idee hin oder her – viele Unternehmer hätten mit der Gründung vermutlich „auf bessere Zeiten“ gewartet. Warum hast du trotzdem zu diesem Zeitpunkt gegründet?
Es gab wahrscheinlich seit 1945 keinen beschisseneren Zeitpunkt eine Firma zu gründen, aber länger warten wäre keine Option gewesen. Mit unserer Gründung Ende Dezember 2020 waren wir fast schon einen Ticken zu spät dran, denn viele große Firmen haben sich bereits mit den Themen Predictive Maintenance und digitale Geschäftsmodelle auseinandergesetzt. Einige haben sogar bereits eigene Plattformen entwickelt. Glücklicherweise gibt es aber immer noch großen Bedarf an entsprechenden Lösungen und wir füllen durch unsere Spezialisierung auf den Maschinen- und Anlagenbau definitiv eine Marktlücke! Trotz Corona-Krise war es also dennoch der richtige Zeitpunkt für eine Gründung.
Nimm uns doch mal mit auf eine Zeitreise zum Januar 2021. Was passiert an diesem Tag? Welches Gefühl überwiegt – eher die Freude, dass es losgeht oder die Angst, dass es nicht klappen könnte?
Die Gründung an sich war tatsächlich eine ganz schön schwierige Geburt, denn es ist gar nicht so einfach mal eben eine GmbH zu gründen. Eintragung, Nachweis des Stammkapitals und Kontoeröffnung. Das Ganze war sehr anstrengend, aber das Gefühl dann, als wir hier in ein völlig leeres Büro gezogen sind, das war schon… man sagt ja „jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“.
Wir wollten von Anfang an keine „Vollkasko-Mentalität“ aufkommen lassen, die man in großen Konzernen häufig vorfindet. Wenn dort z.B. der Laptop eines Mitarbeiters nicht geht, wird erst mal die Hotline angerufen und bis sich jemand um die Reparatur kümmert, liegt alles still. So eine Einstellung kann man in einem Start-Up nicht gebrauchen. Also haben wir hier erst mal eine Lieferung mit Bürostühlen und Tischen ausgeladen und selbst aufgebaut.
Du stellst wirklich deine Mitarbeiter in einen leeren Raum und sagst: „So, jetzt machen wir hier was draus“.
Und das war glaube ich auch wichtig. Dieses Gefühl, dass wir hier alle verantwortlich sind. Wir sind Possehl Analytics und hier gibt’s auch keinen anderen außer uns. Wir haben zu sechst angefangen und wenn wir es jetzt nicht selber machen, gibt es keine IT-Abteilung, die ein Netzwerkkabel verlegt oder das Facility Management, das die Möbel aufbaut. Sowas gab’s nicht und sowas gibt es auch heute nicht.
Gerade die Anfangszeit war für mich total cool. Als Manager im Konzern sitzt man den ganzen Tag über in irgendwelchen Meetings und kontrolliert eigentlich nur noch, ob alle anderen arbeiten. Es war befreiend endlich mal wieder selber richtig anzupacken und etwas zu schaffen, statt nur PowerPoint-Präsentationen von anderen Leuten anzusehen.
Und wie war die Stimmung im restlichen Team?
Also die waren schon aufgeregt, glaube ich, aber positiv. Und die haben ja auch alle freiwillig hier angefangen, sie sind ja keine Sklaven, die von manroland hierher verschifft wurden. Die hatten da auch alle Bock drauf, was zu machen.
Und wir haben ja auch gezielt nach Leuten gesucht, die Bock auf sowas haben und auch bereit sind, so ein Wagnis einzugehen. Es wusste ja keiner, dass es so gut laufen würde.
Es hätte ja genauso gut auch ein Flopp werden können. Die meisten Start-Ups scheitern irgendwann.
Dass wir jetzt fast 40 Leute haben, also dass es so gut läuft, hätte ich auch nicht gedacht. Unser Team ist ja wirklich schnell gewachsen. Am Anfang hat das so eine Anziehungskraft und die Leute spüren, dass hier etwas Cooles entsteht. Und die Leute, die von Anfang an dabei sind, sind natürlich auch stolz darauf, was sie hier in kurzer Zeit schon alles aufgebaut haben.

Hat die Pandemie in Sachen Team besondere Herausforderungen mit sich gebracht?
Das erste Mal, dass sich das ganze Team getroffen hat, war im Juni oder Juli 2021. Gerade in der Anfangsphase wäre es schon besser gewesen, sich öfter zu treffen, aber es klappte auch so überraschend gut. Schon sehr früh habe ich gemerkt, dass für einen Ersatz für das Sich-täglich-im-Büro-sehen brauchen, um einfach in Kontakt zu bleiben. Dadurch sind unsere Dailys entstanden, eine halbe Stunde digitaler Austausch am Tag, bei der jeder davon erzählt, welche Themen und Aufgaben in Arbeit sind oder noch anstehen. Das war am Anfang noch relativ lose – mittlerweile ist das ganz klar strukturiert und so weiß auch heute noch jeder, was die anderen eigentlich gerade treiben.
Und das ist bei einem Team von mittlerweile fast 40 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wirklich nicht selbstverständlich. Wie schafft man es, neue Angestellte zu integrieren und den Teamgeist stets aufrecht zu halten, wenn der größte Teil des Teams nur über den Bildschirm zu sehen ist?
Enzian Schnaps.
Das werde ich zitieren.
Wir versuchen einfach auch auf persönlicher Ebene in Kontakt zu bleiben. Gerade virtuelle Meetings sind oftmals sehr themen-fokussiert und lassen nur wenig Raum für den lockeren Austausch unter Kollegen.
Deshalb versuchen wir regelmäßig alle ins Büro zu holen und z.B. mit einem gemeinsamen Frühstück Möglichkeiten für zwanglose Gespräche zu schaffen. Zwei unserer Leute sitzen in Lissabon, zwei in Österreich, einer in Lübeck, einer in Bochum. Und natürlich ist uns klar, dass gerade Werkstudenten, die weiter weg wohnen, nicht alle 4 Wochen nach Augsburg kommen können. Deshalb investieren wir auch viel in Team-Events: Wir sind mindestens einmal im Jahr gemeinsam auf ‘ner Hütte und gehen z.B. jetzt im Winter zusammen Eishockey spielen. Man merkt richtig, wie wichtig sowas ist und wie gierig das Team solche Events „aufsaugt“.
Seit neuestem haben wir auch eine Kaffeelotterie, wo die Remote-Worker für einen virtuellen Kaffee einen Kollegen vor Ort zugelost bekommen, damit sie sich beim Thema „Kaffeeklatsch“ nicht ausgeschlossen fühlen und besser integriert werden.
Wir legen viel Wert auf Pair-Programming und manche Entwickler haben auch sonst neben der Arbeit eine Teams-Session laufen. Das ist dann vom Gefühl her so als würde man in einem Zweierbüro sitzen, also wenn man sich dann mal unterhält oder auch mal flucht oder Fragen in den Raum stellt.
Gibt es etwas, das dich überrascht hat in der Entwicklung dieses gemeinsamen Prozesses?
Also was mich schon überrascht, ist das Engagement der Leute. Man hat so ein Gefühl, dass jeder permanent schaut, wo kann ich irgendwo unterstützen, wo kann ich helfen etwas nach vorne zu bringen.
Wenn ich z.B. mal nicht weiter weiß oder vor Fragen stehe, die einfach nicht in meinem Fachbereich liegen, meldet sich sofort jemand, der das Thema cool findet und sich damit beschäftigen möchte. Normalerweise limitieren die Chefs die Intelligenz Ihrer Mitarbeiter auf sich selbst, weil sie immer alles selbst entscheiden wollen. Dabei gibt es so viele schlaue Leute hier, die sich besser mit Themen auskennen als ich. Es wäre total bescheuert, das nur auf mich zu limitieren. Das muss man als Geschäftsführer natürlich zulassen können, aber das ist schon eine Höchstleistungskultur, die so entsteht.
Was mich auch wahnsinnig überrascht: Wenn ich mal 3 Wochen im Urlaub bin – was erstmal erstaunlich ist, dass ich es mir leisten kann als Geschäftsführer, denn da kenne ich viele, die sagen „ich kann nicht in den Urlaub fahren, sonst steht die Firma danach Kopf“. Aber auch wenn ich 3 Wochen im Urlaub bin, läuft der Laden und entwickelt sich ohne mich weiter.
Jedes Mal komme ich zurück und denke ‘Was machen die denn jetzt? Was ist das für ein neuer Quatsch?’ und dann stelle ich fest, dass sie sich etwas überlegt haben und das einfach mal ausprobieren. Und dann sehe ich, okay, das ist kein Quatsch, das ist ja total cool. Die Leute schaffen hier ein System, das sich ständig selbst weiter optimiert, und es fühlt sich sogar komisch an, wenn wir mal drei Wochen nichts verändert haben. Das ist irre und das habe ich so in Firmen auch noch nie erlebt. Die Mitarbeiter sind so gierig darauf, Abläufe zu optimieren und sich permanent weiter zu verbessern. Das ist aber nicht nur überraschend, sondern auch sehr beruhigend, weil ich weiß, dass es keinen Unterschied machen würde, sollte ich mir mal ein Bein brechen und ein paar Wochen lang ausfallen. Es würde einfach weiterlaufen.
Aus alten Firmen kenne ich das so nicht. Hier hatte man immer das Gefühl, man schiebt etwas den Berg hoch, und sobald du dich umdrehst, fällt alles wieder runter und du musst wieder alle antreiben. Das ist hier absolut das Gegenteil.
Woran glaubst du liegt dieser Unterschied zu anderen Firmen? Was macht ihr anders?
Man muss seinen Mitarbeitern einfach die Chance geben, sich in einem Thema zu entwickeln, das sie vom Herzen her interessiert. Wenn ich zu einer Entwicklerin sage ‘also wir haben dich hier fürs Frontend eingestellt und nicht als UI/UX Designerin, tut mir leid das wird nicht funktionieren’, das wäre total bescheuert. Warum sollte sie nicht UI/UX Design machen, wenn’s sie interessiert?
Das geht mir ja selber auch so, wenn man einer Sache nachgeht, wirklich von innen heraus, dann fühlt es sich auch irgendwann nicht mehr an wie Arbeit. Klar, wenn man Montag früh um 6 Uhr gefragt wird, ob man Bock hat, sagt natürlich jeder, man würde lieber noch eine Stunde schlafen. Aber ein Stück weit ist natürlich was dran.
Wenn man seinen Inneren Haltungen nachgehen und seine Begabungen ausleben kann und dann noch die Freiheit und den Drang hat, Dinge zu optimieren, dann entsteht eine Höchstleistungskultur. Und ich glaube, das merken dann auch die Kunden.

Gibt es rückblickend etwas, das du anders machen würdest?
Klar könnte man sagen, dass manche Learnings schneller umgesetzt werden hätten sollen. Und natürlich wäre auch eine frühere Gründung von Vorteil gewesen. Aber alles in allem würde ich es nochmal genauso machen.
Ehrliche Antwort bitte: Wie oft hast du daran gedacht, alles wieder hinzuschmeißen?
Nicht ein Mal.
In der Gründungsphase hatte ich natürlich manchmal Zweifel, ob es wirklich so eine gute Idee ist, alles auf eine Karte zu setzen. Ich wusste, dass ich nicht mehr in meine alte Position zurück kann, wenn es nicht klappt. Das hätte mit Sicherheit auch schief gehen können, aber ich habe nie daran gedacht, es nicht zu tun. Ich habe nie geglaubt, dass diese Idee scheitern könnte. Und je länger ich hier dabei bin, desto mehr bestätigt sich das auch.
Wo siehst du denn Possehl Analytics in 5 bis 10 Jahren?
In 5 bis 10 Jahren sind wir einer der Main Player in Zentraleuropa, was datengetriebene Geschäftsmodelle in der Industrie und datengetriebene Optimierung in Unternehmen angeht. Dann sind wir vielleicht hundert bis zweihundert Mitarbeiter mit mehreren Standorten und werden unsere Prozesse entsprechend anpassen müssen. Aber unsere Kernelemente, also Werte und Unternehmenskultur, werden wir beibehalten. Natürlich werden wir sie nicht komplett konservieren können, aber wir entwickeln sie weiter auf unsere Art und Weise.
Wir befinden uns mittlerweile im dritten Corona-Jahr und es scheint, als kämen stets neue Krisen dazu. Würdest du Gründer:innen raten, ihre Vision auch in Krisenzeiten umzusetzen?
Ich würde auf jeden Fall dazu raten, denn meistens sind solche Krisen auch Chancen. Die aktuelle Energiekrise, die durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine ausgelöst wurde, führt letztendlich wohl dazu, dass der Ausbau der regenerativen Energien sich beschleunigt, was bitter nötig ist. Krisen sorgen für Veränderungsbereitschaft in der Industrie und in der Bevölkerung.
Wahrscheinlich hätten einige unserer großen Kunden ohne die Corona-Pandemie nicht die Notwendigkeit gesehen, sich zu verändern. Wieso sollte eine Firma, die über Jahrzehnte jedes Jahr 10-15% gewachsen ist, plötzlich auf die Idee kommen irgendwas zu verändern? Da gibt es keinerlei Anreiz dafür. Im Gegenteil: Es würde erstmal den Gewinn schmälern, wenn man da noch irgendwelche Experimente macht. Aber durch die Krise haben viele begriffen, dass ihr Geschäftsmodell ganz schnell kippen könnte. So geht es zum Beispiel momentan auch der Autoindustrie. Für die ging es bisher immer bergauf. Aber was passiert jetzt mit der Mobilität der Zukunft? Die Wahrscheinlichkeit, dass wir irgendwann deutlich weniger Autos brauchen, ist auf jeden Fall da. Und das heißt, man braucht eine Lösung dafür, wenn dieser Fall eintritt.
Anlagenbauer denken immer, ihr größter Wettbewerber ist ein anderer Anlagenbauer. Aber der Wettbewerber von manroland ist eigentlich Apple. Mit der Einführung des iPads ist der Druckmaschinenmarkt implodiert. Das hat keiner so richtig kommen sehen, und das könnte anderen Branchen jederzeit genauso gehen. Die größte Konkurrenz für Taxiunternehmen ist Uber, ein Unternehmen, das kein einziges Taxi besitzt.
Technische Innovationen und neue Geschäftsmodelle disruptieren Branchen, die nie gedacht hätten, dass ihnen sowas passieren kann. Deswegen ist es so wichtig, sich damit zu beschäftigen.
Basierend auf deinen bisherigen Erfahrungen: Welchen Tipp würdest du anderen Gründer:innen mitgeben?
Egal, ob man in Krisenzeiten gründet oder nicht: Man muss sich intensiv mit dem Kunden beschäftigen. Die Vorgehensweise ‘Ich gründe halt mal was, weil ich eine coole technische Idee habe‘ funktioniert meistens nicht. Die meisten Start-Ups scheitern, weil sie sich nicht mit dem Zielmarkt und nicht mit den Bedürfnissen der Kunden beschäftigen.
Mein Tipp, den ich allen Gründer:innen mitgeben kann: Beschäftigt euch immer mehr mit dem Markt als mit der Technik.
